Altfahrzeugrichtlinie: Was sich bald ändern könnte

IMDS

Seit die europäische Altfahrzeugrichtlinie (Richtlinie 2000/53/EG, auch „ELV-Direktive“) im Jahr 2000 verabschiedet wurde, hat sie sich nicht grundlegend geändert. Jedoch hat die EU-Kommission Mitte März 2021 einen Bericht zur Evaluation der Richtlinie vorgelegt, welche die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in ELV (End-of-Life Vehicles) beschränkt. Für das zweite Quartal des Jahres ist eine erneute öffentliche Konsultation geplant (nähere Informationen dazu hier: https://elv.biois.eu/registration.html). Der Revisionsvorschlag der EU-Kommission soll im kommenden Jahr folgen.

Zwei Haupt-Kritikpunkte bei der Evaluation der ELV-Direktive

In ihrem Evaluationsbericht weist die EU-Kommission vor allem auf zwei Mängel der bisherigen Gesetzgebung hin. So gebe es eine hohe Zahl „fehlender Fahrzeuge“: mit 35 Prozent aller abgemeldeten Fahrzeuge in der EU immerhin etwa ein Drittel. Auf diese Fehlentwicklung haben Institutionen wie unter anderem das deutsche Umweltbundesamt schon länger hingewiesen. Zwar werden jedes Jahr etwa 6,5 Millionen Altfahrzeuge in der EU demontiert und verwertet. Jedoch ist nicht klar, wo die restlichen 4 Millionen Fahrzeuge verbleiben. Es ist damit zu rechnen, dass ein großer Teil dieser aus der Bilanz verschwundenen ELV nicht gemäß der Altfahrzeugrichtlinie verschrottet und wiederverwertet wird. Darauf deuten auch neuere Untersuchungen der UNEP sowie der niederländischen Regierung. Demnach werden Millionen von Gebrauchtfahrzeugen in schlechtem Zustand und unterhalb der Abgasnorm Euro 4, die mehr als 15 Jahre alt und nicht mehr verkehrstauglich sind, überwiegend in afrikanische Staaten überführt. Dort sind sie für hohe Emissionen und zahlreiche Unfälle verantwortlich. Mit etwa 7,56 Millionen Fahrzeugen allein zwischen den Jahren 2015 und 2018 sind dabei die Exporte aus der Europäischen Union mit 54 Prozent am höchsten. Danach folgen die USA und Japan. Für die EU bedeutet das auch einen Verlust von Rohstoffen, der auf etwa acht Millionen Tonnen Eisen- und Buntmetalle sowie Kunststoffe geschätzt wird.

Als weiteren Haupt-Kritikpunkt nennt die EU-Kommission die bisher unzureichenden Bestimmungen der Altfahrzeugrichtlinie bezüglich der Konstruktion von Neufahrzeugen. So sollten schon beim Bau mehr recycelte Materialien zum Einsatz kommen und die Fahrzeuge anschließend auch leichter demontiert und recycelt werden können. Die Bestimmungen hierfür seien aber bislang nicht detailliert und spezifisch genug und auch schlecht messbar. Auf die Konstruktion von Neuwagen würden sie sich daher nur begrenzt auswirken. Vor allem kritisiert die EU-Kommission, dass die Bestimmungen, welche Automobilhersteller verpflichten, Informationen über die in Fahrzeugen enthaltenen Werkstoffe und Bauteile bereitzustellen und weiterzugeben nicht ausreichte. Unternehmen aus dem Bereich Reparatur, Demontage und Recycling müssten hier besser unterstützt werden.

Datenqualität im EU-Vergleich hinkt

Zwar gaben die meisten EU-Mitgliedstaaten an, die Zielvorgaben für Wiederverwendung und Recycling zu erreichen. Jedoch bestehen unterschiedliche Messmöglichkeiten und demzufolge variiert die Qualität der Daten nach Angaben der EU-Kommission stark. Dies wecke Zweifel, ob die Angaben überhaupt vergleichbar seien. Weil die Berechnung zudem auf dem Gesamtgewicht aller Fahrzeuge beruhe, bestehe kein Anstoß, die Verwertung und das Recycling von Werkstoffen zu fördern, die über Metallabfälle hinausgehen wie Glas, Kunststoffe oder kritische Rohstoffe.

Als weitere Mängel der Altfahrzeugrichtlinie nennt der Evaluationsbericht, dass ihre Definition von „Verwertung“ auch den Untertageversatz beinhaltet, also in Tagebauen eingelagerte Abfälle. Darüber hinaus fehle auch ein gesondertes Ziel für die „Wiederverwendung“.

Insgesamt hat die EU-Kommission bei ihrer Evaluation den sich auch in Europa verändernden Fahrzeugmarkt berücksichtigt. Denn zwar besteht ein hoher Anteil von Altauto-Abfällen aus Eisen und anderen Metallen, jedoch werden in Neuwagen zunehmend Leichtbaumaterialien und Elektronik verwendet. Dadurch steigt der Anteil von Kunststoff sowie elektrischen und elektronischen Komponenten laufend an. Für die Wiederverwertung und das Recycling entstehen hier neue Probleme und der Trend zu Elektrofahrzeugen in der EU lässt diese perspektivisch eher noch wachsen.

Die Kommission verweist deshalb bei ihrer Evaluierung auch darauf, dass der Green Deal der EU hier neue Vorgaben setzt: sowohl im Rahmen eines neuen EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft als auch durch die aktualisierte Gesetzgebung zur Abfallrahmenrichtlinie sowie zu bestimmten Abfallströmen.

Ausnahmen auf dem Prüfstand

Die Altfahrzeugrichtlinie enthält auch eine Ausnahmen-Liste, die im Rahmen der Revision alle vier bis fünf Jahre an die technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst wird. Während dieses Prozesses wird von den betroffenen Industriezweigen ein technisches Dossier verlangt, in dem Ausnahmen begründet werden müssen. Ein Consulting-Konsortium begutachtet und bewertet die Argumentation anschließend und schlägt der EU-Kommission vor, die Ausnahme auslaufen zu lassen oder zu verlängern.

Zurzeit wird die Ausnahme für Kupferlegierungen mit einem Bleianteil von bis zu 4 Gewichtsprozent überprüft, die bis Juli 2021 gültig ist. Die European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA) hat dabei die Ergebnisse einiger Voruntersuchungen mit neuen bleifreien Werkstoffen bei der Stakeholder-Konsultation eingereicht, die in den Begleitbericht eingeflossen sind (https://elv.biois.eu/registration.html). Die Revision wird voraussichtlich erst 2022 abgeschlossen sein, allerdings behalten die Ausnahmen bis dahin noch weiter ihre Gültigkeit. Branchenbeobachter:innen erwarten, dass die Kommission die Ausnahme weiter verlängert. Sollte das nicht geschehen, würde eine Übergangsregelung für die Umstellung greifen, die in der Regel mindestens zwölf Monate bis hin zu einigen Jahren dauert.

Weitere Quellen:

https://www.bde.de/documents/359/BDE_VOEB_Europaspiegel_April2021.pdf

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