REACH und Biozide betreffen auch die Automobilindustrie

Biozide

Seit 2007 gilt in der EU die Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, kurz REACH. Die Verordnung regelt die Herstellung und das Inverkehrbringen von Chemikalien. Betroffen von der Regelung sind nicht nur Herstellter, sondern auch nachgeschaltete Anwender – also Unternehmen, die diese Stoffe nicht selbst herstellen, aber weiterverarbeiten. Zunächst galt es, chemische Stoffe bei der ECHA (= Europäische Chemikalienagentur) zu registrieren. Dies geschah in drei Phasen, die letzte Phase ist seit Mai 2018 abgeschlossen. Seitdem dürfen nur noch Chemikalien hergestellt oder in Verkehr gebracht werden, die registriert sind.

Der nächste Schritt ist die Evaluierung der registrierten Stoffe durch die ECHA und die Mitgliedsstaaten. Wird ein Stoff dabei als besonders bersorgniserregend identifiziert, wird er in die REACH-Kandidatenliste aufgenommen. Zuletzt wurde die Kandidatenliste im Juli aktualisiert. Für diese sogenannten SVHC (engl.: substances of very high concern) wird ein Datum festgelegt, ab dem sie nur noch für zugelassene Bereiche verwendet werden dürfen. Diese Zulassung ist zeitlich befristet, sodass diese Stoffe nach Ablauf der Frist gar nicht mehr verwendet werden dürfen und durch andere, weniger besorgniserregende Stoffe ersetzt werden sollten. Als besonders besorgniserregend gelten Stoffe, die
•    krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend oder
•    giftig und langlebig in der Umwelt und in Organismen anreichernd oder
•    sehr langlebig in der Umwelt und sehr stark in Organismen anreichernd sind oder
•    ähnlich besorgniserregende Eigenschaften (z. B. hormonelle Wirkung) haben.

Aktuell erwägt die ECHA, der EU-Kommission zu empfehlen, 18 Stoffe der Kandidatenliste in die Zulassungsliste (Anhang XIV zu REACH) aufzunehmen. Bis zum 5. Dezember 2018 können hierzu Kommentare abgegeben werden. Wenn ein Stoff in die Zulassungsliste aufgenommen wird, darf er nur dann in Verkehr gebracht oder nach einem bestimmten Datum verwendet werden, wenn eine Zulassung für eine bestimmte Verwendung erteilt wird. Unternehmen, die diese Stoffe verwenden, herstellen oder importieren, können eine Zulassung beantragen.

Andere Stoffe, nicht nur SVHC, können zudem beschränkt werden, wenn „die Herstellung, das Inverkehrbringen oder Verwendungen eines chemischen Stoffes ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringen, das gemeinschaftsweit behandelt werden muss“ . Dies betrifft beispielsweise Chemikalien, die über importierte Produkte in die EU gelangen können. Nach einem dreimonatigen Verfahren werden diese Stoffe in das Verzeichnis der Beschränkungen in Anhang XVII der REACH-Verordnung aufgenommen.

Über die gesamte Lieferkette hinweg müssen Informationen zu den verwendeten Stoffen weitergegeben werden, ausgehend vom Hersteller/Importeur über den Weiterverarbeiter/Zwischenhändler (= nachgeschaltete Anwender) bis hin zum endgültigen Verkäufer. Nur so kann eine sichere Verwendung der Stoffe gewährleistet werden und dem Auskunftsrecht für Verbraucher Rechnung getragen werden. Für die Automobilindustrie lässt sich die REACH-Verordnung mithilfe des IMDS einhalten. Denn hier können sämtliche Daten über die verwendeten Stoffe eingetragen und weitergegeben werden. Verbotene Substanzen sowie Stoffe auf der SVHC-Kandidatenliste lassen sich sofort erkennen. Der eigens dafür entwickelte Chemistry Manager im IMDS vereinfacht die Berichterstattung.

Der Chemistry Manager lässt sich ebenfalls nutzen, um der seit 2013 geltenden Biozid-Verordnung zu entsprechen. Biozide sind Stoffe oder Stoffgemische, die Schadorganismen wie beispielsweise Pilze, Mücken und Bakterien zerstören, abschrecken, unschädlich machen, ihre Wirkung verhindern oder sie in anderer Weise bekämpfen sollen. Darunter fallen u. a. Pestizide, Insektizide, Anti-Schimmel-Mittel etc. Nur Wirkstoffe, die auf der Unionsliste der genehmigten Wirkstoffe stehen, dürfen in Biozidprodukten verwendet werden. Ein Antrag auf Wirkstoff-Genehmigung muss direkt bei der ECHA gestellt werden. Stoffe, die nicht genehmigungsfähig sind, weisen folgende Eigenschaften auf:
•    karzinogen oder
•    mutagen oder
•    reproduktionstoxisch oder
•    endokrin oder
•    persistent, bioakkumulierend und toxisch (PBT-Stoffe) oder
•    sehr persistent und sehr hoch bioakkumulierend (vPvB-Stoffe).

In Ausnahmefällen können Stoffe mit oben genannten Eigenschaften trotzdem für einen begrenzten Zeitraum (sieben Jahre) genehmigt werden, ebenso wie Stoffe mit folgenden Eigenschaften:
•    inhalationsallergen oder
•    deutlich toxischer als die meisten Wirkstoffe für die selbe Verwendungsart oder
•    erfüllen zwei der drei PBT-Kriterien oder
•    geben auch bei restriktiven Risikominderungsmaßnahmen Anlass zur Besorgnis oder
•    enthalten einen signifikanten Anteil von nicht wirksamen Verunreinigungen.
Diese zeitlich beschränkt genehmigten Stoffe sind Substitutuionskandidaten. Das heißt, „vor einer Zulassung von Produkten mit diesen Wirkstoffen muss geprüft werden, ob die angestrebte Verwendung nicht durch andere Produkte abgedeckt werden kann.“

Neben den einzelnen Wirkstoffen werden in der Biozid-Verordnung auch Produkte, behandelte Waren und in situ Biozide geregelt. So werden nur Biozidprodukte zugelassen, deren Wirkstoffe zuvor genehmigt worden sind. Behandelte Waren sind „Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, die mit einem oder mehreren Biozidprodukten behandelt wurden oder denen ein oder mehrere Biozidprodukte absichtlich zugesetzt wurden“ . Für behandelte Waren muss der Inverkehrbringer eine Kennzeichnung mitliefern, die folgendes enthält:
•    eine Erklärung, aus der hervorgeht, dass die behandelte Ware Biozidprodukte enthält;
•    wenn dies angezeigt ist, die der behandelten Ware zugeschriebene biozide Eigenschaft;
•    die Bezeichnung aller Wirkstoffe, die in den Biozidprodukten enthalten sind;
•    die Namen aller in den Biozidprodukten enthaltenen Nanomaterialien mit der anschließenden Angabe „Nano“ in Klammern;
•    alle einschlägigen Verwendungsvorschriften, einschließlich Vorsichtsmaßnahmen, die wegen der Biozidprodukte, mit denen die behandelte Ware behandelt wurde bzw. die in dieser Ware enthalten sind, zu treffen sind.

Quelle: https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/Biozide/Behandelte-Waren/Behandelte-Waren.html

Sogenannte in situ hergestellte Biozide sind vor Ort hergestellte Biozide wie beispielsweise Ozon, das aus der Luft generiert wird. Dies bedeutet, dass Luft selbst nicht als Biozid gilt, das aus ihr gewonnene Ozon dagegen schon, wenn es vermarktet wird.

In unseren Webinaren zu REACH, Bioziden und dem Chemistry Manager lernen Sie die Verordnungen im Einzelnen kennen und lernen, wie Sie damit rechtskonform umgehen können. Aktuelle Termine finden Sie im Trainings-Bereich.